Pressemitteilung der Staatskanzlei zur beschlossenen Kormoranverordnung

06.09.2014

Staatskanzlei - Pressemitteilung Nr.: 386/2014

Magdeburg, den 26. August 2014

Landesregierung beschließt Kormoranverordnung


Die Landesregierung hat am Dienstag auf Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes eine so genannte Kormoranverordnung beschlossen. Die Verordnung dient dem Schutz von Fischarten und Fischbeständen und soll fischereiwirtschaftliche Schäden durch Kormorane verhindern. Sie ersetzt die seit dem Jahr 2006 in Sachsen-Anhalt praktizierte Gestattung von Ausnahmen zum Abschuss von Kormoranen im Einzelfall. Diese hat sich nach einem Evaluierungsbericht des Landesverwaltungsamtes als zuständige Behörde nicht bewährt. Die Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft.
 
Die Staatssekretärin im Umweltministerium, Anne-Marie Keding, sagte: „Der Kormoran hat sich nach seiner Unterschutzstellung durch die EU-Vogelschutzrichtlinie in den vergangenen 30 Jahren stark ausgebreitet. Die Fischbestände der durch ihn beflogenen Gewässer sind teilweise stark zurückgegangen mit entsprechenden Auswirkungen auf die heimische Fischfauna und die Berufsfischerei. Deshalb ist die Kormoranverordnung ein notwendiger Schritt.“
 
Nach der neuen Verordnung dürfen Jäger Kormorane in der Zeit vom 16. August bis 15. März eines jeden Jahres auf, über oder an Gewässern sowie bewirtschafteten Anlagen der Teichwirtschaft, Fischhaltung und Fischzucht und in einem Abstand von bis zu 300 Metern bejagen (so genannte Vergrämung). Außerdem dürfen sie die Entstehung neuer Brutkolonien verhindern. Bestimmte Bereiche, wie etwa Naturschutzgebiete, Vogelschutzgebiete und jagdlich befriedete Bezirke, sind von dieser Befugnis ausgenommen.
 
Die Verordnung sieht neben der Melde- und Nachweispflicht der durchgeführten Vergrämungsmaßnahmen auch ein Monitoring der weiteren Entwicklung vor. Dazu werden das Landesamt für Umweltschutz und die obere Fischereibehörde die Bestandsentwicklung des Kormorans und bedrohter Fischarten in einem jährlichen Bericht dokumentieren.
 
„Mit der neuen Verordnung und der Bestandsüberwachung wird sichergestellt, dass es für Kormorane auch in Zukunft ausreichende Lebens- und Rückzugsräume im Land gibt. Gleichzeitig hat die Verordnung aber auch zum Ziel, das bestehende Ungleichgewicht zwischen Fischartenschutz und Kormoranschutz zu reduzieren, ohne einen dieser Bereiche übermäßig zu beeinträchtigen. Keineswegs wird mit der Verordnung eine systematische Verfolgung von Kormoranen verbunden sein“, so Keding.
 
Im Ergebnis einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen im Umweltausschuss des Landtages im Februar 2012 konnte festgehalten werden, dass der Rückgang der Fischbestände an einigen Gewässern hauptsächlich auf die Zunahme der Kormorane zurückzuführen ist. Besonders gefährdete Fischarten wie Äsche und Barbe sind teilweise derart dezimiert, dass ein Verschwinden dieser Arten droht. Die Gefährdung tritt hauptsächlich im Winter ein, wenn große Standgewässer zufrieren und viele Kormorane aus der Ostseeregion ins Binnenland ziehen und häufig kleinere, noch offene Flüsse und Bäche aufsuchen.
 
Ein einzelner Kormoran verzehrt täglich 300 bis 500 Gramm Fisch. In kleineren und nicht sehr tiefen Gewässern kann der Fischbestand nach einem Kormoraneinflug in kurzer Zeit um bis zu 90 Prozent dezimiert werden. „Das kann zum Problem für den Naturschutz werden, aber auch für die Fischerei", so Keding. Der Vogel unterscheide nicht zwischen den unterschiedlichen Fischarten. Auf seiner Speisekarte stünden auch seltene und im Bestand gefährdete Arten. Vielmehr hänge die Beuteaufnahme der Kormorane hauptsächlich von der Zusammensetzung der Fischartengemeinschaften und Greifbarkeit der Fische in den Gewässern ab. Bevorzugt würden kleinere Fische gefressen. Es seien aber auch Beutefische von deutlich mehr als 800 Gramm Stückmasse in Mägen von Kormoranen festgestellt worden.
 
Den zunehmenden Einfluss des Kormorans auf die Fischbestände in Sachsen-Anhalt belegen folgende Zahlen: So sanken im Land die Fänge der Angelfischerei von ca. 240 bis 250 Tonnen in den Jahren vor 2002 auf ca. 130 bis 150 Tonnen in den Jahren 2010/2011. Die Berufsfischereierträge der Fluss- und Seenfischerei in Sachsen-Anhalt sanken von 156 Tonnen im Jahr 2003 auf 72 Tonnen im Jahr 2009.
 
Von Land, Bund und Fischerei- und Naturschutzverbänden werden bereits Schutzprogramme und Besatzmaßnahmen zur Wiederansiedlung stark gefährdeter Wanderfischarten durchgeführt. Daneben ist die Verbesserung des ökologischen und chemischen Zustandes der Fließgewässer eine wesentliche Voraussetzung zum Schutz und Erhalt der Fischarten. „Vor diesem Hintergrund muss die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass der Erfolg all dieser Maßnahmen nicht von vornherein durch einen ungehinderten Einfluss des Kormorans wieder zunichte gemacht wird. Artenschutz darf nicht an der Wasseroberfläche aufhören“, sagte die Staatssekretärin.
 
Zahlen zum Kormoranbestand
Die gesamte europäische Population des Kormorans wird derzeit auf etwa 600.000 Brutvögel und somit auf eine Anzahl von fast zwei Millionen Vögeln geschätzt. Die Anzahl der Brutvögel lag in Deutschland im Jahr 2011 bei etwa 39.000 Brutvögeln.
 
Die Gesamtpopulation des Kormorans in Sachsen-Anhalt beläuft sich auf mehrere tausend Vögel. Im Winter steigt sie durch die Zuwanderung aus dem Ostseeraum und Nordeuropa stark an.
 
 

 

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Bild zur Meldung: Kormoranverordnung für Sachsen-Anhalt beschlossen