Aalbesatz für die Gewässer des KAV

09.06.2018

Aale - stille Botschafter intakter Natur

 

Am frühen Vormittag trafen 80 kg wertvollster Fracht beim Kreisanglerverein ein. Im Gepäck hatten Geschäftsführer Frank Gabriel und Gewässerwart Thomas Schliebe rund 6000 Jungaale, die sie zuvor beim Landesverband bestellt hatten und die nun fast grammgenau auf die Vereine nach einem vorher erarbeiteten Besatzplan aufgeteilt wurden.

  • Wieso müssen Aale im Fließgewässer Helme besetzt werden?
  • Fischen die Angler zu viele Aale raus?
  • Gehören Aale überhaupt in unsere heimischen Flüsse?

Diese nicht unberechtigten Fragen stellte mir ein unbeteiligter Passant, der dem geschäftigen Treiben zusah. Meine Antwort werde ich am besten bei der letzten Frage beginnen.

 

Ja, sie gehören in die Helme und sie sind seit Jahrhunderten im historischen Artenspektrum belegt. Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) wandert als Jungfisch von der Sargassosee, unterstützt von den Meeresströmungen an die europäischen Küsten, die er nach ca. 3 Jahren erreicht. Während ein Teil die Wachstumsphase in den Küstengewässern verbringt, steigt ein anderer Teil in den Flussläufen auf. Nach 5-20 Jahren verlässt der Aal die kontinentalen Gewässer, um zum Laichgebiet in der Sargassosee im Westatlantik (in der Nähe der Bahamas) zurückzukehren. Dabei legt er eine Strecke von bis zu 7.000 km zurück.

 

Und ob die Angler zu viele Aale rausfischen, kann auch klar mit einem nein beantwortet werden. Denn die Notwendigkeit für den Besatz liegt hauptsächlich im Gewässerverbau. Heutzutage sind die historisch belegten Wanderwege mit Stauwehren, Wasserkraftanlagen und Schleusen derart versperrt, das ein natürlicher Auf-und Abstieg nicht möglich ist. Da aber Bund und Länder ihrer Verantwortung und eingegangenen Verpflichtung zur ökologischen Durchgängigkeit bisher nur unzureichend nachgekommen sind, ist Besatz die einzige Möglichkeit, das Artenspektrum zu erhalten.

 

Holt man das Arbeitszeugnis der Regierung auf diesem Gebiet bei der EU ein, so stellt es sich wie folgt dar: "Die Europäische Union führte mit der Wasserrahmenrichtlinie eine umfassende Bewertung des ökologischen Zustandes der Flüsse und Bäche ein. Im Jahr 2015 wurden nur sieben Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einen „guten“ oder „sehr guten“ ökologischen Zustand beziehungsweise ein „gutes“ ökologisches Potenzial eingestuft."  Da stellt sich dann eher die Frage: Wie lange wollen wir dem tatenlos noch zusehen?

 

Anders betrachtet leisten die Angelfischer Artenschutz durch Artennutz. Denn ohne deren Besatz wäre die Art in unseren Gewässern längst ausgestorben. Damit wäre auch gleich die erste Frage beantwortet. Ob Angler zu viele rausfischen, erklärt sich dem Fragesteller von selbst. Denn wenn Angler keine reinsetzen, gäbe es auch keine zum rausfischen. Und die ausgewerteten Fangmeldungen der Angler sprechen eine eindeutige Sprache. Nicht einmal 5% der ausgesetzten Fische werden durch Angler gefangen und als wertvolle Lebensmittel verwertet.

Im Gegensatz zur Wasserkraft. Von den abwanderungswilligen Aalen, verenden ca. 30% in den Turbinen von Wasserkraftanlagen. Nicht selten folgen mehrere WK-Anlagen in einem Fluss hintereinander mit einem vernichtenden Ergebnis.

 

Darüber hinaus haben sich neue Bedrohungen aufgetan. Zügellos wachsende Kormoranbestände dezimieren seit den 90ér Jahren zunehmend auch die geschwächten Aalbestände. Und der illegale Glasaalhandel mit Asien führt zu einem dauerhaft spürbaren Verlust potentieller Biomasse.

Deshalb gilt unseren Besatzkollektiven in den Vereinen ein herzlicher Dank des KAV, leistet ihr doch nicht nur eine verantwortungsvolle Arbeit für den Verein, sondern für die gesamte Gesellschaft.

 

Der Erhalt dieser einzigartigen Langdistanzwanderfische muss zwingend in den Focus der Öffentlichkeit.

Wertvoller Fisch darf in Zukunft nicht veralteten Wasserkraftanlagen, hungrigen Kormoranschnäbeln oder illegalen Händlern zum Opfer fallen.

Wir fordern von der Politik ein sofortiges Handeln. Text und Foto:GJ

 

 

Bild zur Meldung: Werner Schomburg (l.) übernimmt für den Wallhäuser Anglerverein die wertvolle Fracht