Muschel- Monitoring im Helme-System enthüllt kleine Sensation

22.05.2020

Gewässer-Verbesserer aktiv

Riethnordhausen- Kleine Helme, 20. Mai 2020

Eine seit vielen Jahren fruchtbare Zusammenarbeit gibt es zwischen dem KAV Sangerhausen und dem Muschelexperten Lothar Buttstedt aus Roßla, der zu den wenigen anerkannten Kennern auf diesem Gebiet im Land zählt.

Muscheln haben nicht nur eine wichtige Filterfunktion in unseren Gewässern, sondern sind untrügliche Indikatoren für die Gewässerqualität.

Die zum Stamm der Weichtiere (Mollusken) zählende „Gemeine Fluss- oder Bachmuschel“ gehörte bis vor kurzem noch zu den häufig vorkommenden heimischen Fließgewässermuscheln. Das hat sich dramatisch geändert. In ganz Mitteleuropa sind die Bestände auf kaum mehr ein Zehntel früherer Zeiten zusammengebrochen, in vielen Regionen ist die Flussmuschel bereits ausgestorben. Bundesweit wird sie in der Roten Liste in die Kategorie 1 (als vom Aussterben bedroht) geführt. In Sachsen- Anhalt gibt es sie nur noch in einen kleinen Bestand im Landkreis Stendal und eben hier im Helme System.

Aber warum haben die Angler ein so großes Interesse am Schutz der Muscheln?

Weil ihr Vorkommen auf Grund der eingeschränkten Mobilität die hohe Qualität des Lebensraums über einen längeren Zeitraum belegt und ihre störungsempfindliche Fortpflanzungsweise sie zu einem wichtigen Frühwarner auch für die Fische macht. Waren die Angler in den Gründungsjahren ihres Vereins vor nunmehr fünfundsechzig Jahren vor allem Fischartenschützer, so erweiterte sich ihr Blickwinkel und Engagement über die Jahre dank gewonnener Erkenntnisse uns Einsichten. So begreift sich der Kreisanglerverein heute als Fachpfleger der Gewässer und Fischbestände und sieht seine Verantwortung im Schutz ganzer Lebensräume mit dem kompletten Arteninventar. Dazu gehören neben den Fischen auch die Fischnährtiere, Wasserpflanzen und eben auch die Muscheln. Denn nur wenn alle Mosaiksteine vorhanden sind, fügen sich diese zum Gesamtbild des „guten Zustandes“, wie ihn die Wasserrahmenrichtlinie fordert.

 

Bereits in der Vergangenheit hat der Verein mehrere gemeinsame Projekte mit der Ökologiestation Sangerhausen zur Bestandsstützung der Bachmuschel in der „Kleinen Helme“ durchgeführt. Dabei wurden Flachwasserzonen neu geschaffen und begleitende Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtsfischbestände durch die Entnahme von Raubfischen durchgeführt. Auch das Einbringen von Störsteinen zählte dazu. Die nun erneut durch die Angler aus ihren privaten Portemonnaies finanzierte Untersuchung hat auch zum Ziel, neben einer Bestandsaufnahme, die Wirksamkeit geleisteter Arbeit und Investitionen auf den Prüfstein zu stellen und weitere Richtungsentscheidungen für die Bestandsentwicklung zu treffen. Denn dort wo es den Muscheln gut geht, trifft man in der Regel auch einen gesunden Fischbestand an. So gewinnen Nebengewässer nicht nur als Lebens- und Rückzugsräume an Bedeutung, sondern sind zugleich wichtiger Trittstein zur  Widerbesiedlung des gesamten Gewässerverbundes mit Muscheln und Fischen.

 

Dass sich unsere Anstrengungen gelohnt haben, konnten Herr Buttstedt und sein Kollege Herr Kleemann an den verschiedenen Untersuchungspunkten der Kleinen Helme eindrucksvoll belegen.

Ohne dem Untersuchungsbericht vorgreifen zu wollen, waren sich die Fachleute darüber einig, dass die durchgeführten Strukturmaßnahmen (Flachwasserzonen, Störsteine, lineare Durchgängigkeit) maßgeblich dazu beitrugen, die gefährdeten Bestände zu stabilisieren.

So konnten über vierzig Exemplare der Bachmuscheln im Alter zwischen 2 und 7 Jahren bestimmt werden. Darüber hinaus konnten auch mehrere Malermuscheln unterschiedlichen Alters nachgewiesen werden.  Als besonders Bestandsstark erwiesen sich dabei jene Fließgewässerabschnitte, in denen Störsteinen für Strukturvielfalt und abwechslungsreiche Bodensubstrate durch Strömungsvariabilität sorgten. Und natürlich waren die Fachleute auch erfreut über die Tatsache, dass mehrere Muscheln begutachtet werden konnten, die bereits bei einer vorangegangenen Untersuchung gekennzeichnet wurden (Bild 2; BM Nr. 41).

 

Nicht zum Schluss förderte die Untersuchung  auch noch eine Sensation zu Tage. Erstmals konnten die Fachleute den Nachweis der „Abgeplatteten Teichmuschel“ mit 6 Exemplaren erbringen (Bild 1, gelber Kreis). Nicht nur das ihr Vorkommen damit in der Kleinen-Helme in Sachsen-Anhalt einmalig ist, auch ihr Vorkommen in diesem Lebensraum ist nicht unbedingt typisch. Eigentlich, so wissen die Experten zu berichten, sind ihr angestammter Lebensraum die größeren Fließgewässer, wie Unstrut, Saale und Elbe. Dort kommen sie als Einzelexemplare in den Tiefen der Flussläufe vor. Sie wird in der Roten Liste Deutschland in der Kategorie 1 (als vom Aussterben bedroht) geführt.

 

Der Kreisanglerverein bedankt sich bei den Fachleuten für die ersten Ergebnisse der Untersuchung und wird in Auswertung des gesamten Untersuchungsberichts geeignete Schutz- und Fördermaßnahmen beraten. Somit schließt sich der Kreis in unserem Naturschutzkonzept, das im Gegensatz zu anderen, die Schutz durch Aussperrung favorisieren, Schutz durch Nutzung seit Jahren erfolgreich verwirklicht und noch dazu Nachhaltigkeit generiert.    Gerhard Jarosz

 

Bild 1 siehe unten: Foto  Lothar Buttstädt

Inhalt:

obere 4 Reihen 41 Bachmuscheln, davon:

zweijährige Tiere = 11

dreijährige Tiere = 19

vierjährige Tiere = 4

fünfjährige Tiere = 4

sechsjährige Tiere = 1

siebenjährige Tiere = 2

 

unten links 6 Abgeplattete Teichmuscheln, davon:

zweijährige Tiere = 2

dreijährige Tiere = 1

vierjährige Tiere = 3

 

unten rechts 3 Malermuscheln, davon:

fünfjährige Tiere = 1

siebenjährige Tiere = 2

 

 

 

 

 

 

Bild zur Meldung: Foto: G.J., Titel: Muschelexperte Lothar Buttstädt (Mitte) bei der Probenentnahme

Fotoserien


Muschel- Monitoring enthüllt kleine Sensation (22.05.2020)

erste Ergebnisse des Muschel-Monitorigs liegen vor