Aalbesatz – sind Angler auf mehr Beute aus?
Der Europäische Aal ist wie weitere 52 % der Süßwasserfischarten und Neunaugen bestandsgefährdet
Am vergangenen Sonnabendvormittag trafen 100 kg wertvollster Fracht beim Kreisanglerverein ein. Im Gepäck hatten Gewässerwart Robby Häusler und Heiko Götz rund 8000 Jungaale, die wir zuvor beim Landesverband bestellt hatten und die nun fast Gramm-genau auf die Vereine nach einem vorher erarbeiteten Besatzplan aufgeteilt wurden.
Und um die eingangs gestellte Frage zu beantworten, möchte ich auf folgende Fakten verweisen. Die Notwendigkeit für den Besatz liegt hauptsächlich im Gewässerverbau. Heutzutage sind die historisch belegten Wanderwege mit Stauwehren, Wasserkraftanlagen und Schleusen derart versperrt, dass ein natürlicher Auf- und Abstieg nicht möglich ist. Da aber Bund und Länder ihrer Verantwortung zur ökologischen Durchgängigkeit bisher nur unzureichend nachgekommen sind, ist Besatz die einzige Möglichkeit, das historisch belegte Artenspektrum zu erhalten.
Der Europäische Aal (Anguilla anguilla) wandert als Jungfisch von der Sargassosee, unterstützt von den Meeresströmungen an die europäischen Küsten, die er nach ca. 3 Jahren erreicht. Während ein Teil die Wachstumsphase in den Küstengewässern verbringt, steigt ein anderer Teil in den Flussläufen auf. Nach 5-20 Jahren verlässt der Aal die kontinentalen Gewässer, um zum Laichgebiet in der Sargassosee im Westatlantik (in der Nähe der Bahamas) zurückzukehren. Dabei legt er eine Strecke von bis zu 7.000 km zurück.
Die Europäische Union führte mit der Wasserrahmenrichtlinie eine umfassende Bewertung des ökologischen Zustandes der Flüsse und Bäche ein. Im Jahr 2015 wurden nur sieben Prozent der deutschen Flüsse und Bäche in einen „guten“ oder „sehr guten“ ökologischen Zustand eingestuft. Bis 2024 hat sich für Deutschland daran wenig geändert. So sieht die „Rote Liste Deutschland“ als Gefährdungsursache Nummer eins für Fische immer noch menschliche Eingriffe, etwa durch Ausbau und die Regulierung von Gewässern.
So betrachtet, erscheint das gern gezeichnete Zerrbild des „Beutemachers“ durch Gegner der Angelfischerei als haltlose Verunglimpfung eines anderen, seit Jahren erfolgreichen Naturschutzkonzepts, das Artenschutz durch Artennutz leistet. Ohne Besatz wäre die Art in unseren Gewässern längst ausgestorben. Und die ausgewerteten Fangmeldungen der Angler sprechen eine eindeutige Sprache. Nicht einmal 5 % der ausgesetzten Fische werden durch Angler gefangen und als wertvolle Lebensmittel verwertet.
Im Gegensatz zur Wasserkraft. Von den abwanderungswilligen Aalen, verenden ca. 30 % in den Turbinen von Wasserkraftanlagen. Nicht selten folgen mehrere WK-Anlagen in einem Fluss hintereinander mit einem vernichtenden Ergebnis.
Darüber hinaus haben sich neue Bedrohungen aufgetan. Eine längst überfällige Regulierung außer Kontrolle geratener Kormoranbestände darf die geschwächten Aalbestände nicht weiterhin bedrohen. Und der illegale Glasaal-Handel mit Asien führt zu einem dauerhaft spürbaren Verlust potentieller Biomasse.
Deshalb gilt unseren Besatzkollektiven in den Vereinen ein herzlicher Dank des KAV, leistet ihr doch nicht nur eine verantwortungsvolle Arbeit für den Verein, sondern für die gesamte Gesellschaft.
Wertvoller Fisch darf in Zukunft nicht veralteten Wasserkraftanlagen, hungrigen Kormoranschnäbeln oder illegalen Händlern zum Opfer fallen.
Wir fordern von der Politik ein sofortiges Handeln.
Foto: Robby Häusler; Text: Gerhard Jarosz
Bild zur Meldung: Die Jungaale werden exakt gewogen und auf die Gewässer der Helme-Niederung vereteilt